Kühle Prozesse werden wieder lebendig….
In diesen Zeiten, die mich auf mein Inneres zurückwerfen und in der freien Begegnung zu Menschen einschränken, finden sich ganz plötzlich ungewohnte, ja fast vergessene Räume. Räume der Stille, der virtuellen Begegnung und auferlegte Zwischenräume zu meinen Mitmenschen. Doch die Aufmerksamkeit für das Abstandhalten ist begleitet von verstärkten Blickkontakten untereinander, einer bewussteren Wahrnehmung, wer mir begegnet. Die Flüchtigkeit des Alltags und das Hinwegsehen aus Eile verwandeln sich in ein Verweilen im Augenblick und schafft Raum für das Wesentliche. Das scheinbar Neue zeigt sich in zarter Form, ich traue ihm nur wenig, wenngleich ich mich kaum noch verschließen kann, getragen von einer Sehnsucht, die unendlich lange in mir schlummerte. Nun schafft sie sich Raum verbunden mit einer Lebendigkeit, die ich als Geschenk empfinde und mich zum Innehalten drängt. Es ist wie eine Infizierung mit einem Virus, das nicht COVID-19 sondern den feinen Namen FERMATE-20 trägt, das Ruhezeichen in der Musik, welches ein Innehalten in der Bewegung anzeigt oder dem Solisten signalisiert, diese Stelle nach seinem individuellen Bedürfnis zu verzieren. Welche Freiheit sich zugleich darin spiegelt! Meine Freiheit, das Bisherige, das Gewesene zu hinterfragen, das „Vertraute unvertraut zu machen“, so wie es der Soziologe Zygmunt Bauman mit seinen Worten beschreibt. Und wie er treffend weiter ausführt „die Welt hat einen unerschöpflichen Gedankenvorrat, der immun macht gegen die Versuchung sich auszuruhen“. Ja, ich habe es in der Hand, wir haben es in der Hand, unsere so kühl gewordenen Prozesse wieder lebendig werden zu lassen……denn es sind Menschen, die diese Prozesse gestalten!