Die Furcht vor der Freiheit

In den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts sorgte Hans Jonas mit seinem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ für Aufsehen. Zu Recht. In seinem epochalen Werk ging es Jonas darum zu klären, inwiefern es überhaupt eine Welt für unsere Nachfahren, für künftige Generationen des Menschengeschlechts geben kann. Denn diese Welt sah er gefährdet durch den Menschen selbst, durch dessen immer weiter fortschreitende Technologie, der mit diesem Fortschreiten verbundenen Zurückdrängung, ja, Vernichtung der Natur, sowie die Eindimensionierung unseres so und nicht anders gewordenen Lebens durch eine ausschließlich auf Wachstum konzentrierte, den Menschen als Konsumenten verabsolutierende Wirtschaft.

Jonas’ grundlegende Diagnose ist aktueller und akuter denn je, überschattet allerdings von einer neuen pandemischen, letztlich ebenfalls durch den Menschen verursachten viralen Katastrophe, in deren Folge wir nun eine weitere völlig neue, politische Dimension der Bedrohung erleben – einen in westlich demokratischen Gesellschaften noch nie dagewesenen Angriff auf die Souveränität und die Freiheit des Einzelnen. In einem selbstherrlichen Akt autoritärer Anmaßung werden dem Bürger elementar verbriefte Grundrechte suspendiert und die Mündigkeit abgesprochen. Schlimmer noch: Ein demokratischer Diskurs über Corona-Restriktionen musste gar nicht erst geführt werden, er wurde von einer Mehrheit der Deutschen noch nicht einmal gewünscht, wie die positiven Umfragen zum einmal mehr „Alternativlosigkeit“ beanspruchenden Handeln der Merkel-Regierung suggerieren. Haben wir denn Angst vor unseren bürgerlichen Souveränitäts- und Freiheitsrechten? Mehr noch: Scheuen wir die Selbstverantwortung – aus Prinzip? Das lässt nichts Gutes hoffen für unsere Zukunft… Denn die „Furcht vor der Freiheit“ (Erich Fromm) führt in den Totalitarismus.


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Kommentare

3 Antworten zu „Die Furcht vor der Freiheit“

  1. Jonas K. Löser

    Die „Furcht vor der Freiheit“ ist, zumindest nach Thomas Hobbes, der Grund warum wir überhaupt in einem Staat leben. Die Idee ist simple, wir fürchten uns im Naturzustand vor unseren Mitmenschen und geben daher unsere Freiheit an einen Souverän ab. Dieser Souverän garantiert den Menschen im Gegenzug Sicherheit. Die fast romantisch anmutende Idee des zoon politikon wurde durch homo homini lupus abgelöst; ganz nach dem Motto: Lieber unfrei als unsicher.

    Bei Sicherheit handelt es sich generell betrachtet um eines unserer elementaren Grundbedürfnisse. Laut Maslow ist das Bedürfnisse nach Sicherheit weitaus bedeutsamer als das Bedürfnisse der freien Selbstverwirklichung. Somit ist auch unter einer sozialpsychologischen Perspektive für den Menschen Sicherheit wichtiger als Freiheit.

    Auch bei der aktuellen Herausforderung Rund um die Corona-Restriktionen scheinen für viele Bürgerinnen und Bürger freiheitliche Grundrechte vernachlässigbar, um Sicherheit zu schaffen.
    Zudem wollen wir Menschen vertrauen und uns bei komplexen Problemen auf andere verlassen. Gerade bei dem Coronavirus sind wir auf andere angewiesen, denen wir vertrauen können. Corona entzieht sich unserer natürlichen Sinne und weil wir das Risiko persönlich nicht (be)greifen können, benötigen wir andere, die uns das Risiko erfahrbar machen. Das ist auch der Grund warum solch eine Zahlenhascherei betrieben wird. Täglich erhalten wir neue Daten, die angeblich die Verbreitung von Corona und damit das Risiko sichtbar machen. Doch uns fehlen die Kenntnisse und das Wissen, wie die Zahlen zu interpretieren und einzuordnen sind. Hier sind ist das Volk unmündig. Auch bei anderen komplexen modernen Herausforderungen mangelt es den Bürgerinnen und Bürgern an einer Risikomündigkeit, um überhaupt die politische Bühne der direkten Mitsprache betreten zu können. Das ist die Idee der repräsentativen Demokratie, das Volk wählt für vier Jahre eine Vertretung die für sie Entscheidungen trifft.
    Eine Besonderheit besteht in der Einschränkung von Grundrechten, die verfassungsrechtlich eine besondere Begründung benötigt. In der Vergangenheit wurden die meisten Grundrechtseinschränkungen, durch Gründe der Sicherheit legitimiert. So auch im Bereich der Terrorismusbekämpfung bzw. bei der Einschränkung des Datenschutzes. Auch hier sticht die Angst die Freiheit wiedermal aus. Es scheint, je bedrohlicher eine Lage, desto eher ist der Mensch bereit seine Freiheit abzugeben. Doch wir dürfen uns nicht durch unsere Ängste lähmen lassen und müssen mutig sein für unsere Freiheitsrechte einzustehen. Gerade diese schützen uns vor eine Willkürherrschaft und Tyrannei, das scheinen zu viele Bürgerinnen und Bürger vergessen zu haben.

  2. Ursula Seeherr

    „Wer in einer Demokratie schläft, wird in einer Dikatur aufwachen“ – knapper und klarer lässt sich das nicht sagen.
    Wach sein, zusammenstehen… klingt ein bisschen kleinkariert, sentimental und niedlich, aber es gilt nach wie vor: Das weiche Wasser bricht den Stein, und der Tropfen auf den heißen Stein kann der Anfang eines Regens sein.
    Danke an die Macher dieser Seite, hier findet man Möglichkeiten, sich dazu zu gesellen und seine Kraft in Synergien zu stecken.

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